Stickoxide, Feinstaub, Diesel, E-Mobile – eine kleine Orientierungshilfe

Klar – wir wollen eine andere Verkehrspolitik. Aber jenseits der notwendigen Debatte darüber sind wir als Grüne auch zu physikalischen, chemischen und technischen Fragen gefordert. Ich habe dazu – in meinem „Nebenamt“ als technologiepolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion – Antworten auf häufig gestellte Fragen zusammengestellt.

 

Was ist der Unterschied zwischen Stickoxid (NOx) und Feinstaub?

(Einige behaupten ja gerne, dass es auch „natürlichen“ Feinstaub“ gebe)

Das sind zwei verschiedene Dinge. Feinstaub ist feinster Ruß, also aus Feststoffpartikeln. NOx ist ein geruchloses, aber in der Lunge ätzendes Gas, das bei Verbrennungs-Temperaturspitzen über 1500 Grad entsteht. Es gibt in kleinem Umfang Wechselwirkungen und Verbindungen zwischen NOx und Feinstaub, aber das ist in der Summe unerheblich. Die Feinstaubgrenzwerte werden inzwischen fast überall erreicht, die für NOx, trotz langsam sinkender Tendenz, keineswegs.

Feinstaub entsteht aus unterschiedlichen Quellen. Entscheidend: Die Partikel sind so klein, dass sie „lungengängig“ sind, also bis unter die Bronchen eingeatmet werden (und nicht einfach ausgehustet werden). Dann kommt es darauf an, wie toxisch sie sind. Deshalb ist das Thema „natürlicher Feinstaub“ zweitrangig. Denn vor allem das, was auf die natürliche Belastung „aufgesetzt“ wird, ist in unterschiedlicher Form toxisch. Deshalb sind Partikelfilter bei Dieseln Standard, bei Benzinern (da haben nur moderne Direkteinspritzer ein Problem) ab Herbst auch.

Stickoxide entstehen bei Benzinern sehr viel weniger (in S kommt über 70% des NOx aus Diesel-Pkw, nur 3% aus Benzinern). Sie können beim Verbrennungsprozess (Temperatur unter 1500 Grad) und durch Nachbehandlung (am besten durch einen sogenannten SCR-Kat mit Harnstoffeinspritzung (AdBlue)) drastisch verringert werden.

 

Wie sieht es mit dem Reifenabrieb aus – welche Auswirkung hat er?

Auch das ist Feinstaub. Der Reifenabrieb ist immer noch schädlich, auch der Bremsen- und Kupplungsabrieb, aber weit weniger als früher. Bei Fahrrädern und leichten Fahrzeugen werden zudem zunehmend Beläge mit Naturfasern (Flachs, kein Asbest – das ist verboten) eingesetzt. Ein E-Auto hat keinen Kupplungsabrieb und so gut wie keinen Bremsabrieb, weil mit der Motorbremse wirksam die Batterie geladen wird.

 

Kann das Fahrverbot nicht auch nur temporär ausgesprochen werden? Also an Tagen, an denen die Belastung voraussichtlich besonders hoch ist?

Das wäre vor ein oder zwei Jahren noch gegangen. Heute akzeptiert das kein Gericht mehr. Die sogenannte Hintergrundbelastung muss über das ganze Jahr sinken, damit auch die Spitzenbelastungen niedriger werden.

 

Lassen sich alte Diesel wirksam nachrüsten?

Im Prinzip ja. Den praktischen Beweis hat ein gemeinsamer Versuch des ADAC mit dem Verkehrsministerium des Landes geliefert: 50 bis 70 Prozent Schadstoffminderung sind immer drin. Mit einer effizienten Umrüstung – bei vielen Dieseln ginge es auch noch deutlich preiswerter mit einer anderen Software plus kleineren Hardwarekomponenten – wären Fahrverbote ebenso überflüssig wie unausgegorene und Frust bzw. Ärger verursachende Maßnahmen wie in Reutlingen. Notwendig wären eine blaue Plakette mit klaren Grenzwerten – mindestens 50 Prozent unter den bisherigen Messwerten – und die Kooperation von Bundesregierung und Industrie. Nicht nur Teile der Industrie, sondern vor allem die Bundesregierung verweigern aber jede Hilfe. Sie lässt Länder, Kommunen und Verbraucher_innen im Stich.

 

Wenn die Leute auf Benziner umsteigen, was ist dann mit dem CO2-Ausstoß?

Wenn der Benziner gleich groß ist, dann entsteht mit modernen Motoren ca 11% mehr klimaschädliches CO2. Häufig greifen Konsument_innen aber zum vermeintlich umweltfreundlichen Diesel, um den Kauf von Fahrzeugen einer (Gewichts-)Klasse höher zu rechtfertigen, Stichwort SUV….

Ein Benziner mit Hybridantrieb – OHNE Steckdose, also zum Beispiel ein sogenannter Mild Hybrid – hat etwa den gleichen CO2 Ausstoß wie ein Diesel gleicher Größe (in der Stadt und über Land weniger, auf der Autobahn etwas mehr). Ein PlugIn-Hybrid (also mit Steckdose) ist in der Gesamtbilanz besser als ein Diesel (nicht auf der Autobahn, aber in der Summe). Ein Benziner, der mit Erd- oder Flüssiggas betrieben wird, hat keinen höheren CO2 Ausstoß als ein Diesel, aber nochmals bessere Abgase als ein guter Benziner (ca. 20% weniger NOx, kein messbarer Feinstaub).

 

Ist Elektro eine wirkliche Alternative?

Der Wirkungsgrad eines E-Antriebs liegt über alle Betreiebszustände bei über 90%, der eines Diesels und eines Hybriden bei ca 25%. Ein E-Auto verbraucht zwischen 11 und 20kWh Strom auf 100km (allein für einen Liter Benzin oder Diesel wird bei Produktion und Transport über 10kWh verbraucht). Dafür ist die Produktion eines E-Autos energieaufwendiger. In der Summe ist die Energiebilanz eines E-Autos nach ca 3-4 Jahren Betrieb besser, selbst beim jetzigen Strommix inkl. Braunkohle. Der der E-Antrieb hat immer ökologische Vorteile, bei regenerativem Strom ist der unschlagbar. Wenn alle Fahrzeuge in BaWü rein elektrisch betrieben würden, würde der Stromverbrauch um 24% steigen (ohne die Benzin- oder Dieselproduktion…). Da es hier um Jahrzehnte der Umstellung geht, ist das realistisch machbar. Und: Es gibt es Hersteller, die ihre Akkus zu 100% mit Ökostrom produzieren. Das sollte Standard sein, dann ist das E-Auto durchgängig im Vorteil.

Es wird zudem noch andere Antriebe (Verbrennungsmotoren) wie Erdgas und sogenanntes flüssiges LNG (kann beides auch aus Ökostrom hergestellt werden, beispielsweise aus Überschüssen bei viel Wind und Sonne) geben. Hinzu kommt Wasserstoff – da dient eine so genannte Brennstoffzelle als Speicher, der eigentliche Antrieb ist elektrisch.

 

Ist Lithium endlich?

Ja, aber das ist wie mit dem Erdöl. Leicht verfügbares Lithium gibt es nicht in beliebigen (aber großen) Mengen, der Aubbau ist „dreckig“. Das ändert sich durch andere Fördertechniken. Außerdem sind in wenigen Jahren auch andere und leistungsfähigere Akkus ohne Lithium verfügbar.

 

Wie sieht es aus mit dem Thema Recycling?

Recycling ist möglich und wird auch gemacht (es braucht hier verbindliche Standards!), ist aber im Moment noch teuer. An guten Konzepten wird geforscht – das Ob ist auf Sicht nicht das Problem, sondern das Wie. Da ist aber auch noch etwas Zeit, denn verbrauchte Auto-Akkus haben ein „Second Life“ als Stromspeicher in Häusern. Da können sie, nachdem sie im Auto unbrauchbar sind, noch Jahrzehnte eingesetzt werden.

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